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Die 4-Tage-Woche: Zukunftsmodell oder Wunschdenken?
Freitags frei und trotzdem alle Aufgaben erledigt? Was lange nach Wunschdenken klang, wird immer öfter Realität: Die 4-Tage-Woche zieht in Unternehmen ein und stellt klassische Arbeitsmodelle auf den Prüfstand. Weniger Stunden, gleiche Leistung – kann das funktionieren? Und welchen Nutzen bringt es Führungskräften, Teams und dem Unternehmen wirklich?
Ein Blick auf ein flexibles Arbeitszeitmodell mit Zukunftspotenzial – und darauf, was die über 1.500 befragten Organisationen in der Zukunftsstudie #whatsnext 2025 zur 4-Tage-Woche sagen: Während sie aktuell noch eine untergeordnete Rolle spielt, erwarten viele Unternehmen in den kommenden Jahren einen deutlichen Bedeutungszuwachs.
Maren Beer
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Inhaltsverzeichnis
Alles Wichtige auf einen Blick
Zunehmende Relevanz: Die 4-Tage-Woche erlebt laut Trendstudie #whatsnext 2025 einen klaren Bedeutungszuwachs – insbesondere im Vergleich zu klassischen Modellen wie Vollzeit oder Teilzeit.
Skepsis beim Unternehmenserfolg: Über die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass eine 4-Tage-Woche den Unternehmenserfolg nicht verbessert – viele erwarten sogar negative Auswirkungen.
Unterschiede nach Branche und Rolle: Startups setzen eher auf neue Arbeitsformen wie Workation oder Freelancing. Geschäftsführende bewerten die 4-Tage-Woche deutlich kritischer als Personal- und Gesundheitsverantwortliche.
4-Tage-Woche: Ein Konzept flexibler Arbeitszeitmodelle
Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel: Globalisierung, Digitalisierung und der demografische Wandel stellen Unternehmen und Beschäftigte vor neue Herausforderungen. In diesem Kontext gewinnen flexible Arbeitszeitmodelle zunehmend an Bedeutung, da sie helfen sollen, Arbeit und Privatleben besser zu vereinbaren, Fachkräfte zu binden und die Gesundheit der Beschäftigten zu fördern. Ein Konzept, das dabei besonders viel Aufmerksamkeit erhält, ist die 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Sie verspricht mehr Freizeit ohne finanzielle Einbußen und steht exemplarisch für den Trend zu einer flexibleren, lebensphasenorientierten Arbeitswelt. Doch wie praktikabel ist dieses Modell wirklich? Welche unterschiedlichen Modelle gibt es? Und wie wird es von Unternehmen bewertet?
Welche Modelle der 4-Tage-Woche gibt es?
Modell 1: Weniger arbeiten bei vollem Gehalt (100-80-100-Prinzip)
Die Arbeitszeit wird reduziert (z. B. auf vier Tage), das Gehalt bleibt aber gleich. Voraussetzung: Die Produktivität bleibt bei 100 %. Der freie Tag kann entweder fest oder flexibel gewählt werden.
Modell 2: Gleiche Stunden, aber auf vier Tage verteilt (Belgisches Modell)
Die Wochenarbeitszeit bleibt gleich, wird aber auf vier statt fünf Tage aufgeteilt. Das bedeutet: längere Arbeitstage, aber ein zusätzlicher freier Tag pro Woche.
Modell 3: Flexible Wochenarbeitszeit bei vollem Gehalt
Mitarbeitende können ihre Arbeitszeit individuell gestalten – auch in Form einer Viertagewoche – und erhalten unabhängig davon ein volles Gehalt, solange die Arbeit erledigt wird.
Modell 4: Flexible Vollzeit mit angepasstem Gehalt
Die Arbeitszeit kann in einem bestimmten Rahmen selbst bestimmt werden (z. B. leicht reduziert), das Gehalt passt sich entsprechend an. Ideal für eine bessere Vereinbarkeit mit dem Privatleben.
Modell 5: Teilzeitmodell mit entsprechend weniger Gehalt
Die klassische 4-Tage-Woche als Teilzeit: Weniger Arbeitsstunden, weniger Lohn. Eine einfache Lösung für Beschäftigte, die bewusst weniger arbeiten möchten.
Einblicke in die Studie #whatsnext 2025
Im Rahmen der Zukunftsstudie #whatsnext 2025 hat IFBG gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse und dem Personalmagazin aktuelle und zukünftige Entwicklungen der Arbeitswelt beleuchtet – darunter spannende Erkenntnisse zu Themen wie Workation, Produktivität, KI und auch zur 4-Tage-Woche. An der Studie haben über 1.500 Organisationen aus dem gesamten DACH-Raum teilgenommen.
Die Ergebnisse der Studie #whatsnext 2025 zeigen: Dem Konzept der 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich (Arbeit in Vollzeit und Gehalt für Vollzeitstelle) wird aktuell sowohl in Startups als auch in etablierten Unternehmen nur wenig Bedeutung beigemessen. Auffällig ist jedoch, dass ein diverserer Mix von Arbeitsformen wie Freelancing/ Projektarbeit oder Workation in Startups sehr viel mehr Bedeutung zugesprochen wird als in Nicht-Startups.
Auch wenn die das Arbeiten im Home-Office und das Arbeitszeitmodell Teilzeit in den nächsten drei Jahren immer noch die größte Bedeutung in den meisten Unternehmen haben wird, ändert sich das Bild etwas. Besonders die 4-Tage-Woche und das Modell Job-Sharing erleben laut den Unternehmensverantwortlichen den größten Bedeutungszuwachs.
Die 4-Tage-Woche gewinnt in den Einrichtungen des Öffentlichen Dienstes zukünftig etwas mehr an Bedeutung als in (privat-)wirtschaftlichen Unternehmen. Während fast ein Drittel der Unternehmensverantwortlichen aus dem Öffentlichen Dienst (31.2 %) der 4-Tage-Woche in drei Jahren eine (eher) große Bedeutung zuspricht, tut dies aus den (privat-) wirtschaftlichen Unternehmen nur ein Viertel (25.8 %). Bei dem Arbeiten aus dem Urlaubsland (Workation) dreht sich das Bild. Hier sind es fast vier von zehn Unternehmensverantwortlichen aus (privat-)wirtschaftlichen Unternehmen die in diesem Modell in drei Jahren eine (eher) große Bedeutung sehen, und nur zwei von zehn aus den Öffentlichen Einrichtungen (37.8 % vs. 19.9 %). Auffällig ist, dass Geschäftsführende die Bedeutung der Arbeitsformen zukünftig anders bewerten als Personal- und Gesundheitsverantwortliche.
Die Unternehmensverantwortlichen wurden ebenfalls gefragt, auf welche Faktoren eine 4-Tage-Woche (Arbeit in Vollzeit und Gehalt einer Vollzeitstelle) eine positive oder negative Auswirkung hätte – dabei waren sich die meisten einig: Eine 4-Tage- Woche würde sich auf den Unternehmenserfolg entweder neutral oder negativ auswirken. Besonders auf die Arbeitsverdichtung wird ein überwiegend negativer Einfluss prognostiziert – über die Hälfte (58.3 %) der Unternehmensverantwortlichen geht davon aus, dass sich durch dieses Modell die Arbeit noch weiter verdichten würde.
Mit Blick auf Arbeitgeberattraktivität und Beschäftigtenbindung wendet sich das Bild. Auch die Gesundheit der Beschäftigten würde laut den Teilnehmenden von einer 4-Tage-Woche profitieren. Die Hälfte der Teilnehmenden ist zusätzlich der Meinung, dass eine 4-Tage-Woche positiv auf die sozialen Beziehungen innerhalb des Unternehmens und die Produktivität der Beschäftigten einwirken würde. Das Bild spaltet sich etwas, wenn die verschiedenen Funktionen der Teilnehmenden betrachtet werden. Während ein Drittel (33.8 %) der Personal- oder Gesundheitsverantwortlichen aus den teilnehmenden Unternehmen von einem positiven Effekt der 4-Tage-Woche auf den Unternehmenserfolg ausgeht, teilt diese Meinung nur ein Fünftel der Geschäftsführenden. Hier geht die Hälfte (50.0 %) eher von einem negativen Einfluss des Modells auf den Gesamterfolg des Unternehmens aus.
Auswirkungen der 4-Tage-Woche auf die Produktivität
Die Auswirkungen einer 4-Tage-Woche auf die Produktivität sind vielfältig und hängen stark vom jeweiligen Umsetzungsmodell, der Branche und den demografischen Merkmalen der Belegschaft ab. Grundsätzlich wird das Konzept oft als Antwort auf die wachsende Nachfrage nach einer besseren Work-Life-Balance verstanden. Studien zeigen, dass Mitarbeitende unter einem verkürzten Arbeitszeitmodell häufig von höherer Zufriedenheit und Motivation berichten. Faktoren, die sich positiv auf ihre Leistungsfähigkeit auswirken können. Eine reduzierte Belastung, mehr Zeit für Erholung sowie ein geringeres Risiko für Stress und Burnout stärken das psychische Wohlbefinden und ermöglichen es vielen, in kürzerer Zeit produktiver zu arbeiten.
Allerdings hängt der tatsächliche Produktivitätsgewinn stark von der konkreten Gestaltung der 4-Tage-Woche ab. Wird lediglich die Verteilung der Arbeitszeit verändert, etwa durch vier Tage à zehn Stunden, kann dies zu Erschöpfung führen und die erhofften Effekte konterkarieren. Deutlich positiver wirkt sich hingegen ein Modell aus, bei dem die Wochenarbeitszeit reduziert und gleichzeitig der volle Lohn gezahlt wird. In solchen Fällen profitieren Unternehmen oft von einer gestiegenen Arbeitsmoral und effizienteren Prozessen. Hilfreich ist dabei ein partizipativer, an den Bedürfnissen der Mitarbeitenden orientierter Gestaltungsprozess, etwa mithilfe von Methoden wie Design Thinking. So lassen sich sowohl betriebliche Anforderungen als auch individuelle Lebensrealitäten besser in Einklang bringen.
Auch branchenspezifische und demografische Faktoren beeinflussen die Wirksamkeit der 4-Tage-Woche erheblich. Während sie sich in Berufen mit flexibleren Strukturen, etwa in der Kreativwirtschaft oder im öffentlichen Dienst, leichter umsetzen lässt, stoßen starre Schichtsysteme oder Präsenzpflichten in anderen Branchen schneller an ihre Grenzen. Besonders jüngere Arbeitnehmende, Beschäftigte mit geringerer formaler Bildung oder solche mit kleinen Kindern zeigen eine hohe Akzeptanz für dieses Modell, was sich wiederum positiv auf ihre Motivation und Produktivität auswirken kann.
Nicht zu unterschätzen sind jedoch auch die Herausforderungen. Dazu zählen etwa die Gefahr einer höheren Arbeitsverdichtung oder die Notwendigkeit längerer Arbeitstage, um Arbeitsaufkommen zu bewältigen. Ebenso entscheidend ist, ob die Umstellung freiwillig erfolgt oder von oben verordnet wird, denn ohne Akzeptanz in der Belegschaft bleiben mögliche Produktivitätsgewinne oft aus. Letztlich zeigt sich: Die 4-Tage-Woche kann die Produktivität steigern, wenn sie gut geplant, individuell angepasst und von den Mitarbeitenden mitgetragen wird. Ein pauschales Modell für alle Unternehmen gibt es nicht, gefragt sind passgenaue, bedarfsgerechte Lösungen.
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4-Tage-Woche: Chancen und Risiken
Die Einführung einer 4-Tage-Woche kann zu...
… einer besseren Work-Life-Balance führen, da Mitarbeitende mehr Zeit für Erholung, Familie und persönliche Interessen haben.
… höherer Produktivität führen, da konzentrierter und effizienter gearbeitet wird.
… einer stärkeren Mitarbeiterbindung beitragen, da das Modell als Zeichen von Vertrauen und Wertschätzung wahrgenommen wird.
… weniger Krankheitstagen und besserer mentaler Gesundheit führen, da Stress reduziert und Erholungsphasen verlängert werden.
… einem Imagegewinn als moderner und attraktiver Arbeitgeber führen, was besonders im Wettbewerb um Fachkräfte ein Vorteil ist.
… weniger Fluktuation und geringeren Rekrutierungskosten führen, da zufriedene Mitarbeitende eher im Unternehmen bleiben.
… mehr Motivation und Engagement führen, da Mitarbeitende ihre Zeit als sinnvoller und ihre Arbeit als wertgeschätzter empfinden.
… effizienteren Meetings und schlankeren Prozessen führen, weil Zeit bewusster genutzt und Prioritäten klarer gesetzt werden.
… erhöhter Arbeitsverdichtung führen, wenn das gleiche Pensum in weniger Zeit erledigt werden muss.
… organisatorischem Mehraufwand führen – etwa bei der Dienstplanung, Vertretungsregelungen oder interner Abstimmung.
… Ungleichbehandlung im Team führen, wenn sich das Modell nicht für alle Bereiche oder Mitarbeitenden gleichermaßen eignet.
… geringerer Erreichbarkeit führen, was die Zusammenarbeit mit Kunden oder anderen Abteilungen beeinträchtigen kann.
… höheren Kosten führen, wenn Unternehmen zur Kompensation zusätzliche Ressourcen bereitstellen müssen.
… Skepsis in der Führungsebene führen, insbesondere wenn Zweifel an der langfristigen Wirtschaftlichkeit bestehen.
… Widerstand gegenüber Veränderungen führen, etwa bei langjährigen Mitarbeitenden oder in traditionell geführten Unternehmen.
Häufig gestellte Fragen
Studien zeigen: Bei guter Umsetzung kann die Produktivität gleichbleiben oder sogar steigen. Voraussetzung sind klare Prozesse, gute Kommunikation und realistische Zielsetzungen.
Das lässt sich Pauschal nicht beantworten. Besonders gut funktioniert sie in wissensbasierten Berufen oder dort, wo Aufgaben flexibel organisiert werden können. In Schichtbetrieben oder kundenintensiven Bereichen braucht es individuelle Lösungen.
Das Konzept zielt in der Regel auf eine Arbeitszeitreduktion bei vollem Lohnausgleich. Das bedeutet keine Kürzung, stattdessen wird erwartet, dass in kürzerer Zeit effizienter gearbeitet wird.
Erste Schritte sind Pilotprojekte mit einzelnen Teams, eine begleitende Mitarbeiterbefragung (für diese würde sich Workey als Tool anbieten) und klare Ziele. Auch eine externe Beratung oder Best-Practice-Beispiele helfen bei der Einführung.
Scheitern ist Teil des Lernprozesses. Wichtig ist eine offene Kommunikation mit dem Team, eine gute Evaluation und die Bereitschaft zur Anpassung. Flexible Rückschritte oder alternative Modelle sind möglich.